ABWÄRTS (1984) – Wenn der Fahrstuhl zur Hölle fährt

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ABWÄRTS (1984) – Wenn der Fahrstuhl zur Hölle fährt

„Der Fahrstuhl bleibt stecken. Die Nerven auch.“

Mit Abwärts setzte Regisseur Carl Schenkel 1984 ein klaustrophobisches Ausrufezeichen im deutschen Genrekino. In Zeiten, in denen deutsche Filme sich oft im Sozialdrama oder Komödienmilieu suhlten, kam plötzlich dieser enge, spannungsgeladene Thriller daher – mit einem Götz George in Hochform, der sich durch vier Etagen Wahnsinn kämpft. Ein Kammerspiel der besonderen Art, das heute längst Kultstatus genießt.


Worum geht’s?

Feierabend im Hochhaus. Vier Menschen steigen in einen Aufzug – und bleiben stecken. Klingt nach Alltag, wird aber zur Nervenprobe. Denn der defekte Fahrstuhl entwickelt sich zur psychologischen Druckkammer, in der sich die Fassaden der Zivilisation in Rekordzeit auflösen.

Götz George spielt den rauflustigen Techniker Jörg – ein Macho, ein Angeber, aber nicht ohne Tiefe. Ihm gegenüber stehen der schmierige Yuppie Gössmann (Matthias Habich), die selbstbewusste Marion (Renée Soutendijk) und der junge, unsichere Azubi Pit (Hannes Jaenicke in einer seiner ersten Rollen).

Schnell kippt die Stimmung – aus Misstrauen wird Panik, aus Panik Gewalt. Und über allem schwebt die Frage: Wer sind diese Menschen wirklich, wenn das Licht ausgeht und der Notruf verstummt?


Götz George – In der Enge ganz groß

George spielt Jörg mit seiner typischen Mischung aus Testosteron und Verletzlichkeit. Man spürt förmlich, wie der Schweiß auf seiner Stirn perlt – nicht nur wegen der Hitze im Aufzug, sondern wegen der brodelnden Konflikte. Zwischen Dominanzgehabe und Selbstzweifeln gelingt George ein eindrucksvolles Psychogramm eines Mannes, der zwischen Held und Antiheld taumelt.

Regisseur Carl Schenkel reizt den Raum gnadenlos aus. Die Kamera bleibt eng, beklemmend, fast schon voyeuristisch. Die Klaustrophobie springt über – man wünscht sich beim Zuschauen fast selbst einen Schraubenzieher in der Tasche, um aus diesem Höllenkasten zu entkommen.


Fun Facts und Hintergründe

  • Original-Schauplatz: Der Film wurde nicht in einem Studio gedreht, sondern in einem echten Aufzugsschacht eines Hochhauses in Frankfurt – was die Authentizität des Films enorm steigert.

  • Drehbedingungen aus der Hölle: Die Temperaturen im engen Set stiegen oft über 40 Grad – was den Schweiß der Darsteller nicht gespielt, sondern absolut real machte.

  • Erfolgreich im Ausland: Abwärts wurde sogar in den USA und Großbritannien beachtet – ungewöhnlich für einen deutschen Thriller jener Zeit.

  • Carl Schenkel sollte nach dem Erfolg in Hollywood Fuß fassen und drehte später u. a. mit Christopher Lambert (Knight Moves) und Sean Connery (The Highlander-Produzent war beteiligt).

  • Der Film wurde 1985 mit dem Deutschen Filmpreis in Gold für die beste Regie und das beste Szenenbild ausgezeichnet.


Ein Aufzug als Spiegel der Gesellschaft

Abwärts ist kein Film, der sich mit Actioneffekten oder Pseudo-Tiefgang aufhält. Stattdessen bekommen wir einen realitätsnahen, aber beklemmenden Blick auf zwischenmenschliche Dynamiken. Wer dominiert? Wer gibt nach? Wer ist bereit, zu lügen, zu kämpfen – oder gar zu töten?

Die Stärke des Films liegt in seinem Tempo und der ständigen Spannung. Es gibt keine Außenwelt – nur diesen kleinen Raum, in dem alle Masken fallen. Es ist ein Mikrokosmos unserer Gesellschaft: Ellenbogenmentalität trifft auf Hilflosigkeit, Macht auf Angst, Arroganz auf Menschlichkeit.


Fazit: Hochspannung im Tiefgang

Abwärts ist ein packender, zeitloser Thriller, der beweist, dass deutsches Kino sehr wohl Genre kann – wenn man es nur lässt. Götz George brilliert in einer seiner intensivsten Rollen abseits des Schimanski-Kosmos, und Carl Schenkel liefert eine Inszenierung, die bis heute nichts von ihrer Wucht verloren hat.

Ein Film, der beweist: Es braucht kein großes Setting – nur große Charaktere und echtes Kinohandwerk.

Retro-Bewertung: 8,5 von 10 steckengebliebenen Stockwerken – mit Extra-Schweißperlen!

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