CONDORMAN (1981) – Wenn der Vogel startet, bleibt die Logik am Boden
„Er ist kein Spion. Er ist kein Superheld. Er ist… ein Comiczeichner mit Höhenangst.“
In einer Zeit, in der James Bond regelmäßig die Welt rettete, Superman durch die Kinosäle flog und Roger Moore die Eyebrow-Gymnastik perfektionierte, dachte sich Disney: Wir brauchen auch so einen Typen! Und heraus kam Condorman – ein Film, der so schräg, ambitioniert und wild ist, dass man ihm nicht böse sein kann, auch wenn er heute wirkt wie ein Fiebertraum auf Zelluloid.
Worum geht’s?
Woody Wilkins (Michael Crawford) ist Comiczeichner in Paris. Er liebt Spionage, Action – und seine eigene Erfindung: den geflügelten Helden Condorman. Doch als sein CIA-Kumpel ihn für eine harmlose Dokumentenüberbringung rekrutiert, ist Woody sofort dabei. Und weil er eben Woody ist, will er’s „ganz realistisch“ machen – in Condorman-Montur, mit ausklappbaren Flügeln und allem Drum und Dran.
Was harmlos beginnt, wird schnell zum Kalten-Krieg-Klamauk mit High-Speed-Verfolgungsjagden, Laserkanonen, Jetbooten und einer russischen Überläuferin namens Natalia (Barbara Carrera). Und plötzlich ist aus dem durchgeknallten Zeichner ein echter Held geworden – zumindest so halb.
Michael Crawford – Zwischen Held und Hühnerstall
Bevor er zum originalen Phantom der Oper am Londoner West End wurde, gab Michael Crawford in Condorman den überdrehten, liebenswürdigen Exzentriker, der zwischen Größenwahn und Genie taumelt. Seine Darstellung ist charmant, aber auch ziemlich drüber – man spürt: Das hier war als Comedy gedacht.
Crawford rennt, stolpert, fliegt (mehr oder weniger) und bleibt dabei immer dieser etwas weltfremde Idealist, der lieber stirbt, als einen Spionageeinsatz ohne bunten Umhang durchzuführen. Und ja: Er meint das alles ernst. Genau das macht den Reiz aus.
Barbara Carrera – Bond-Girl im falschen Film?
Als Natalia Rambova, die schöne KGB-Agentin mit Herz, zeigt Barbara Carrera, warum sie zwei Jahre später auch als Gegenspielerin in Sag niemals nie dabei war. Sie ist kühl, elegant, mit Hang zur Ironie – und wirkt im völlig überdrehten Condorman-Kosmos wie ein leicht irritierter Profi, der sich fragt, wie sie hier gelandet ist. Aber sie macht’s klasse.
Inszenierung, Musik & Spezialeffekte – 80s Disney mit Jetboot
Regisseur Charles Jarrott war eigentlich ein Spezialist für Historienstoffe (Anne of the Thousand Days) – und wurde hier mitten ins Chaos geworfen. Und das merkt man: Der Film schwankt zwischen Parodie, Agentenklamauk und Superheldenfilm – mit einer Tonalität, die irgendwo zwischen Bond-Parodie, Kinderfilm und Samstagvormittag-Zeichentrick lebt.
Die Musik von Henry Mancini ist überraschend bombastisch – ein Score, der klingt, als wolle er einen echten Actionkracher untermalen. Und genau das macht die Diskrepanz zum Gezeigten noch größer. Es knallt, fliegt, kracht – aber irgendwie wirkt alles wie in Watte gepackt.
Die Effekte? 80s pur!
Klappflügel aus Sperrholz, Jetboote mit Styropor-Aufbauten, und ein Condormobil, das aussieht wie Batmans Nachbar in Rente. Aber genau das verleiht dem Film seinen unverkennbaren Charme.
Der Kult kam spät – aber er kam
Zur Veröffentlichung war Condorman ein Flop. Kritiker fanden ihn zu albern, zu unentschlossen, und Kinder konnten mit dem kalten Krieg wenig anfangen. Disney selbst versenkte den Film bald im Archiv – bis er auf VHS und später auf DVD zum Geheimtipp für 80s-Fans und Nostalgiker wurde.
Heute ist Condorman ein kleines Kuriosum in der Filmgeschichte: ein Disney-Film über einen Superhelden vor dem großen Marvel-Boom, ein Bond-Comic-Mix, der seiner Zeit irgendwie voraus und gleichzeitig komplett deplatziert war.
Fun Facts für Fans
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Condorman war eine Disney-Produktion für Erwachsene – ein damals eher seltenes Experiment.
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Die Flügel des Condorman-Kostüms hatten eine Spannweite von über 5 Metern – der Schauspieler musste auf einem Kran balancieren.
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Die Verfolgungsjagden in Istanbul und Monte Carlo wurden von echten Stuntteams aus Bond-Filmen inszeniert.
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Der Film wurde später in einer Simpsons-Episode parodiert – Homer nennt ihn dort seinen Lieblingsfilm.
Fazit: Ein bunter, schräger Flug durch die 80er
Condorman ist einer dieser Filme, die man nicht wegen ihrer Qualität liebt, sondern wegen ihres Charmes, ihrer Kuriosität und ihrer absoluten Überzeugung, dass alles möglich ist – selbst wenn es nicht ganz funktioniert. Ein Kinderfilm im Spionageanzug, ein Superheld ohne Superkräfte, ein Vogel, der lieber fliegt, als landet.
Für Retro-Fans, VHS-Junkies und Liebhaber des wunderbar Abseitigen ein echtes Must-See.
Retro-Bewertung: 7,5 von 10 Styropor-Flügeln – abgehoben, aber herrlich bekloppt.