DER JOKER (1987) – Noir-Drama mit Neonlicht und Peter Maffay als knurriger Ermittler

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DER JOKER (1987) – Noir-Drama mit Neonlicht und Peter Maffay als knurriger Ermittler

„Manchmal kommt die Kugel nicht aus der Pistole – sondern aus der Vergangenheit.“

Die 80er waren in Deutschland filmisch nicht unbedingt als Hochphase des Krimi-Genres bekannt – zu zahm, zu zahlig, zu zahmarschiert. Aber dann kam „Der Joker“. Ein Film, der auf den ersten Blick wirkt wie ein deutscher Versuch, Heat und Der Profi zu kreuzen – nur eben mit Peter Maffay in der Hauptrolle und Hamburg statt L.A.. Und ja, es ist genau so seltsam und faszinierend, wie das klingt.


Worum geht’s?

Jan Bogdan (Peter Maffay) ist Bulle, Einzelgänger, Typ „Nick Nolte in Jeansjacke“. Als in Hamburg ein Auftragskiller reihenweise Unterweltgrößen ausradiert – jedes Mal mit einer Joker-Spielkarte als Visitenkarte – übernimmt er den Fall. Gleichzeitig versucht er, die Beziehung zu seiner geheimnisvollen Freundin Daniela (Tahnee Welch) aufrechtzuerhalten, doch bald wird klar: Alles hängt zusammen.

Ein Bombenanschlag, ein Rollstuhl, ein seelischer Tiefpunkt, ein Comeback, und mittendrin Michael York als smarter Profikiller und Elliott Gould als zwielichtiger Strippenzieher im Hintergrund. Klingt nach internationalem Kino? Will der Film auch sein. Ist es aber nicht ganz – aber genau das macht seinen Reiz aus.


Peter Maffay – Der singende Ermittler

Man kennt ihn von der Bühne, aber hier schlüpft Maffay in die Rolle des abgekämpften Ermittlers mit Revolver, Wut im Bauch und leichtem Hang zur inneren Leere. Und das macht er gar nicht mal schlecht. Sicher, nicht jeder Blick sitzt, nicht jeder Satz klingt wie improvisiert, aber: Er bringt eine überraschende Gravitas mit.

Sein Bogdan ist nicht cool im klassischen Sinn, aber hartnäckig. Einer, der nicht aufgibt, auch wenn ihm das Leben einen Schlag in die Fresse verpasst. Und das wird’s mehrmals tun.


Inszenierung mit Stilwillen

Regisseur Peter Patzak (der später Kottan ermittelt salonfähig machte) inszeniert Der Joker als Noir-Märchen im 80er-Look: Neonlichter spiegeln sich in nassen Straßen, verrauchte Bars und triste Hotelzimmer wechseln sich mit Actioneinlagen ab, die immer ein bisschen härter sein wollen, als sie am Ende sind.

Visuell macht der Film richtig was her: eine Mischung aus Hamburg bei Nacht und Italo-Crime-Flair, gewürzt mit internationalem Touch. Die Kamera ist oft nah dran, die Musik (u. a. von Tony Carey und Maffay selbst) wabert zwischen Synthie-Ballade und Spannungsteppich.


Der Cast – international, aber distanziert

  • Tahnee Welch, Tochter von Raquel Welch, gibt die geheimnisvolle Femme Fatale mit Undercut und Blick aus Eis. Schön, aber irgendwie nicht ganz greifbar.

  • Michael York als Killer ist elegant, distanziert – fast schon wie ein britischer James Bond auf Abwegen.

  • Armin Mueller-Stahl als Bogdans Chef bringt Schwere ins Spiel – souverän wie immer.

  • Elliott Gould – ja, der Elliott Gould! – ist irgendwie da, aber leider eher Staffage als dramatische Figur. Die Besetzung klingt größer, als sie wirkt.


Stärken und Schwächen

Stärken:

  • Stylische Noir-Atmosphäre

  • Maffay überrascht als Schauspieler

  • Mut zum internationalen Flair

  • Gute Kameraarbeit & Musikscore

Schwächen:

  • Die Story wirkt manchmal gewollt verknotet

  • Dialoge schwanken zwischen cool und kurios

  • Figuren bleiben teils blass – insbesondere die Bösewichte

  • Tempo schwankt, nicht jeder Spannungsbogen trägt


Fun Facts & Trivia

  • Gedreht wurde u. a. in Hamburgs Speicherstadt und Hafenmilieu, was dem Film eine besondere Kulisse verleiht.

  • Der Film kam nicht besonders gut an, hat aber heute eine gewisse Kult-Aura unter Maffay-Fans und Retro-Krimifreunden.

  • Peter Maffay übernahm auch musikalische Beiträge zum Soundtrack – klar, oder?


Fazit: Zwischen Westernmoral, Noir-Flair und 80er-Melancholie

Der Joker ist kein perfekter Film, aber ein spannendes Zeitdokument. Einer dieser deutschen Genre-Versuche, die mehr wollen als sie letztlich erreichen – aber dafür umso interessanter sind. Ein Krimi zwischen Pathos, Pistolenschüssen und Persönlichkeitskrise. Und Maffay als Ermittler? Gewöhnungsbedürftig – aber charismatisch.

Retro-Bewertung: 6,5 von 10 Jokern im Kartenspiel – stilvoll daneben ist auch vorbei, aber charmant wie Maffays Sonnenbrille im Nieselregen.

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