Der weiße Hai IV – Die Abrechnung (1987): Kultiger 80er-Horror zwischen Rache, Wellen und Wahnsinn

Wenn der Hai persönliche Rache nimmt – und das Franchise endgültig untergeht
Es gibt Fortsetzungen, die niemand gebraucht hat – und dann gibt es „Der weiße Hai IV – Die Abrechnung“ (Originaltitel: Jaws: The Revenge).
Nach Spielbergs genialem Original von 1975 und zwei zunehmend absurden Sequels schien das Franchise längst am Meeresgrund zu liegen. Doch Universal wollte noch einmal anbeißen – mit einer Story, die so unglaublich ist, dass sie fast schon wieder Spaß macht.
Regie führte diesmal Joseph Sargent, ein erfahrener Handwerker des Studiokinos (Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn Pelham 123), der hier das Unmögliche wagte: einem Gummihai Gefühle und Familienbindung zu geben.
Handlung – Diesmal ist es ganz persönlich
Seit den Ereignissen von Amity Island sind Jahre vergangen. Chief Brody ist tot (Herzinfarkt, außerhalb des Films). Seine Witwe Ellen Brody (Lorraine Gary) lebt noch immer auf der Insel – doch die Vergangenheit holt sie ein, als ihr Sohn Sean bei einem Unfall auf See von einem Hai getötet wird.

Ellen ist überzeugt, dass der Hai gezielt ihre Familie jagt – „eine persönliche Vendetta“, wie sie sagt. Um den Dämonen zu entkommen, reist sie zu ihrem anderen Sohn Michael (Lance Guest) auf die Bahamas, wo dieser als Meeresbiologe arbeitet.
Doch kaum angekommen, taucht das Monster wieder auf – hunderte Meilen entfernt von Amity. Zufall? Wohl kaum.
Der Hai folgt der Familie Brody quer durch den Ozean, nur um wieder zuzuschlagen.
Gemeinsam mit Michaels Frau Carla (Karen Young) und dem charmanten Piloten Hoagie (Michael Caine) muss Ellen sich dem Alptraum stellen – in einem finalen Showdown, der so verrückt ist, dass man ihn gesehen haben muss, um ihn zu glauben.
Die Hauptdarsteller – Zwischen Wellen, Wahnsinn und Würde
- Lorraine Gary als Ellen Brody: Nach zwölf Jahren kehrt sie zurück und trägt diesmal den Film. Sie spielt überraschend engagiert, auch wenn sie mit einer Geschichte kämpfen muss, die jeder Logik trotzt. Ihre Mischung aus Angst, Mutterliebe und Wahn ist das emotionale Zentrum des Films.
- Michael Caine als Hoagie: Der Pilot mit dem goldenen Herz und den besten Sprüchen. Caine soll einmal gesagt haben: „Ich habe den Film nie gesehen, aber das Haus, das er mir bezahlt hat, ist wunderschön.“ – und genau so spielt er’s auch. Locker, charmant, völlig schmerzfrei.
- Lance Guest als Michael Brody: Der pragmatische Sohn, der in der Karibik versucht, Wissenschaft und Horror zu vereinen – ein typischer 80er-Heldenverschnitt.
- Mario Van Peebles als Jake: Der karibische Forscher und Comic Relief des Films. Seine lockere Art sorgt für Charme – und für einen der unfreiwillig witzigsten „Todesmomente“ der 80er (der in manchen Fassungen später einfach wieder rückgängig gemacht wurde).
Regie – Joseph Sargent und der Kampf gegen die Naturgesetze
Joseph Sargent war ein routinierter Regisseur, aber kein Spielberg. Und Der weiße Hai IV beweist, dass selbst erfahrene Handwerker an einem schlechten Drehbuch verzweifeln können.
Er versuchte, den Film mit einer Mischung aus Familiendrama, Abenteuer und Thriller zu retten – und scheiterte grandios.

Die Idee, dass der Hai gezielt die Familie Brody verfolgt, wurde zum Spott der Filmgeschichte.
Dazu kommt die grausame Animatronik, die aussieht, als wäre sie aus einem Freizeitpark geflüchtet.
Trotzdem gelingt Sargent in einigen Szenen eine gewisse Spannung – besonders im ersten Akt, als Sean attackiert wird. Danach wird’s absurd, aber irgendwie faszinierend.
Optisch punktet der Film immerhin mit den sonnendurchfluteten Bahamas, dem Kontrast zwischen Idylle und Bedrohung – und einem Soundtrack von Michael Small, der versucht, John Williams’ ikonisches Thema neu zu interpretieren.
Kritik – Wenn Trash zum Kult wird
Der weiße Hai IV – Die Abrechnung ist ein Film, der auf dem Papier völlig verrückt klingt – und auf der Leinwand noch verrückter aussieht.
Ein Hai, der Gefühle hat, Rache nimmt und gezielt Menschen verfolgt?
Ja, genau das passiert hier.
Aber das Absurde ist: Der Film hat Charme.
Vielleicht, weil Lorraine Gary tatsächlich ihr Bestes gibt. Vielleicht, weil Michael Caine selbst in völliger Albernheit noch cool bleibt.
Oder weil der Film – trotz all seiner Fehler – ein ehrliches, naives Stück 80er-Hollywood ist.

Wer ihn heute sieht, erkennt: Das hier war das letzte große Aufbäumen einer sterbenden Reihe – unfreiwillig komisch, aber nie langweilig.
Und das Finale, in dem Ellen Brody den Hai mit einem Bootsspieß aufspießt (der dann – je nach Fassung – explodiert oder einfach umfällt), ist pure VHS-Geschichte.
Fun Facts zum Film
- Michael Caine verpasste wegen der Dreharbeiten die Oscarverleihung, bei der er für Hannah und ihre Schwestern gewann.
- Die Dreharbeiten fanden auf den Bahamas statt – die Crew musste täglich wegen unberechenbarer Strömungen abbrechen.
- Der Hai wurde vom Special-Effects-Team „Bruce IV“ getauft, in Anlehnung an Spielbergs Originalhai.
- In der US-Kinofassung explodiert der Hai am Ende – in der europäischen Version stirbt er einfach nach einem Aufprall.
- Der weiße Hai IV gewann gleich mehrere Goldene Himbeeren, darunter „Schlechtester Film“ und „Schlechteste Spezialeffekte“.
- Trotzdem entwickelte der Film über die Jahre Kultstatus – als Paradebeispiel für „so schlecht, dass es schon wieder unterhaltsam ist“.
Fazit – Der letzte Biss
„Der weiße Hai IV – Die Abrechnung“ ist objektiv gesehen ein Desaster – aber ein faszinierendes.
Er ist unfreiwillig komisch, übertrieben und technisch katastrophal, aber gerade deshalb ein unvergessliches Stück 80er-Kino.
Wo Spielberg 1975 Angst vor dem Meer erzeugte, zaubert dieser Film höchstens ein Lächeln aufs Gesicht.
Und doch: Man kann ihn lieben – als kurioses Ende einer legendären Reihe, als Trash-Delikatesse und als Beweis dafür, dass Hollywood manchmal einfach zu viel will.
Ein Film für späte VHS-Abende, Popcorn und die Gewissheit, dass selbst Haie manchmal Familienprobleme haben.
Retro-Bewertung
🦈 Trash- & Kultfaktor: ★★★★★
🎭 Schauspiel (Gary/Caine): ★★★★☆
🎬 Regie (Joseph Sargent): ★★☆☆☆
📼 Nostalgie- & VHS-Charme: ★★★★★
👉 Gesamt: 4 von 5 Retro-Sternen – als Trash-Meisterwerk!
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