Die Herberge zum Drachentor – Ein Frühwerk des Meisterregisseurs King Hu
“Die Herberge zum Drachentor” ist ein Frühwerk von Meisterregisseur King Hu, der uns ja auch einen der ersten Farbfilme der Shaw Brothers, “Come Drink with Me” (“Das Schwert der gelben Tigerin”), schenkte. Damals, im Jahre 1966, verzichtete man noch auf die zum Markenzeichen des Eastern gewordenen Soundeffekte, was heutzutage bisweilen etwas seltsam anmutet. Nichtsdestoweniger ist “Die Herberge zum Drachentor” ein Meisterwerk.
Die Handlung: Machtspiele und Intrigen zur Ming-Dynastie
Wie so oft geht es auch diesmal um skrupellose Machthaber, die ihre Macht noch weiter ausbauen wollen und dabei bereit sind, über Leichen zu gehen. Die Handlung ist während der Ming-Dynastie angelegt. Ein machtgieriger Eunuch lässt einen kaisertreuen Minister öffentlich hinrichten. Doch weil man im alten China nicht nur das unbequeme Oberhaupt einer Familie aus dem Weg zu räumen pflegte, sondern die Angehörigen gleich mit entsorgte, werden die drei Kinder des Ministers in die gefährliche und einsame Gebirgsregion am Drachentor verbracht. Dort sollen sie jedoch nie ankommen, denn der böse Eunuch hat schon seine Schergen ausgeschickt, um die Verbannten unterwegs zu meucheln.
Rettung in letzter Sekunde und das tödliche Gasthaus
Doch der Eunuch hat die Rechnung ohne einige tapfere und zu allem entschlossene Getreuen des ermordeten Ministers gemacht. Im buchstäblich letzten Moment werden die Kinder des Ministers vor dem Tode gerettet und finden Zuflucht in der “Herberge am Drachentor”, der einzigen Behausung vor Ort. Dort haben aber auch die Geheimdienste des Nordens und des Südens ihre Stützpunkte eingerichtet, um den Kindern des Ministers eine tödliche Falle zu stellen und sich die Gunst des Eunuchen zu erwerben.
Bald wird das einsam gelegene Wirtshaus zum Zentrum wilder und grausamer Scharmützel, die viele Menschenleben fordern, bis der als unbesiegbar geltende Eunuch sich gezwungen sieht, selbst in das Geschehen einzugreifen. Ein gnadenloser Kampf in der Einöde am Drachentor entbrennt.
King Hus Erzählstil: Poesie trifft auf Action
Mit “Die Herberge zum Drachentor” zementierte King Hu seine Position als Meisterregisseur historischer Eastern. In seinem ganz eigenen, bisweilen ruhigen, bisweilen rasanten, immer aber sehr atmosphärischen und poetischen Erzählstil entwickelt der Regisseur eine Geschichte, in der jeder gegen jeden zu sein scheint und die Helden lange auf verlorenem Posten zu stehen scheinen. Dabei setzt King Hu auf beeindruckende Settings wie beispielsweise das mit riesigen Steinen übersäte Geröllfeld vor der Herberge, in dem sich auch die Darsteller nicht einfach vorwärtsbewegen konnten.
Die Schauspieler: Polly Shang Kuan und Hsu Feng brillieren
In “Die Herberge zum Drachentor” brilliert die schöne Polly Shang Kuan in ihrer ersten Hauptrolle und war fortan aus den Eastern-Klassikern kaum noch wegzudenken. Den Fans begegnet sie in großartigen Period-Eastern wie “Der tödliche Fächer des Kao Ming”, “18 Kämpfer aus Bronze”, “Die Rückkehr der 18 Bronzekämpfer”, “Der Todeshammer der Shaolin” sowie dem Nonstop-Actioner “Das tödliche Geheimnis der Shaolin”. Auch in einem meiner absoluten Lieblingseastern kehrt sie einmal mehr in ein Wirtshaus zurück, das im Mittelpunkt der dramatischen Handlung steht – “Das Wirtshaus zum Grünen Drachen”, in dem “Die Todeskämpfer der Shaolin” in spektakuläre und lebensgefährliche Kämpfe verwickelt werden.
Auch die charismatische und betörend schöne Hsu Feng begegnet uns in der “Herberge zum Drachentor”. Unter der Regie von King Hu taucht sie drei Jahre später in Hu’s Meisterwerk der Wuxia-Poesie, “Ein Hauch von Zen”, in der Hauptrolle auf. Damals, bei der Erstausstrahlung von “Ein Hauch von Zen” Anfang der 1980er Jahre im ZDF, habe ich mich unsterblich in Hsu Feng verknallt.
King Hus Vermächtnis und moderne Adaptionen
King Hu bescherte uns noch weitere Meisterwerke wie “Die letzte Schlacht des Lee Khan”, das großartige Epos “Die Mutigen” und “Regen in den Bergen”, die allesamt im Rahmen einer King Hu-Werkschau im ZDF ausgestrahlt worden sind.
“Die Herberge zum Drachentor” machte nachhaltigen Eindruck, sodass Anfang der 1990er Jahre ein Remake mit Brigitte Lin folgte und Tsui Hark vor einigen Jahren die Geschichte dann in seinem fulminanten Actionfeuerwerk “Flying Swords of Dragon Gate” verarbeitete.
Die deutschen Fassungen: Unterschiede in Lauflänge und Freigabe
Die beiden deutschen auf DVD erhältlichen Fassungen haben unterschiedliche Lauflängen, gelten als uncut, sind aber dennoch um eine Minute kürzer als die Originalfassung. Diese Zeitunterschiede sind wohl nicht geschnittenen Actionsequenzen zu schulden, sondern unterschiedlichen Abtastungen von PAL- und NTSC-Fassungen. Die FSK-16-DVD von Starmedia enthält die ZDF-Fassung mit extra für das Fernsehen angefertigter Synchronisation. Die NEW-Fassung von New Entertainment hingegen musste sich – warum auch immer – mit einer FSK-18-Freigabe zufriedengeben.
Beide Fassungen sind relativ günstig zu bekommen und dürfen inkeiner Eastern-Kollektion fehlen.