Die Rache der Wikinger (1961) – Mario Bavas Wikinger-Epos

Blut, Ehre und Nordwind – als Männer noch mit Äxten sprachen
In den 60ern schlugen nicht nur Sandalenfilme große Wellen – auch das Wikingerkino hatte seine Blütezeit. Zwischen historischen Abenteuern, wilden Seeschlachten und muskelbepackten Helden entstand ein Kino voller Pathos und Pracht. Einer der schönsten Vertreter dieser Ära ist „Die Rache der Wikinger“ (Originaltitel: Erik the Conqueror) – inszeniert von niemand Geringerem als Mario Bava, dem Meister des italienischen Farbkinos.
Was auf den ersten Blick wie ein typischer Kostümfilm wirkt, entpuppt sich als visuell berauschendes Epos – eine Mischung aus Shakespeare, Blut und Pop-Art.
Handlung – Brüder im Blut
Im 9. Jahrhundert fallen die Wikinger in England ein. Bei einem dieser Raubzüge werden zwei Brüder, Erik und Eron, getrennt. Erik wird von den Engländern gefangen genommen und als Ziehsohn einer Adligen erzogen, während Eron unter den Nordmännern aufwächst – geprägt von Kampf, Rache und dem Gesetz des Schwertes.

Jahre später kehren die Wikinger zurück – angeführt von Eron (Cameron Mitchell), der nichts von der wahren Herkunft seines englischen Gegners Erik (George Ardisson) weiß. Bruder steht gegen Bruder, Nordwind gegen Südstolz.
Doch als beide erfahren, wer sie wirklich sind, ist es fast zu spät – denn der Kampf um Ehre, Liebe und Macht kennt keine Gnade.
Die Hauptdarsteller – Helden, Herz und Härte
- Cameron Mitchell als Eron: Der amerikanische Charakterdarsteller war in den 60ern Dauergast im europäischen Abenteuerkino. Hier zeigt er Muskeln und Emotionen gleichermaßen – ein Wikinger mit Wut im Bauch, aber Herz im Blick.
- George Ardisson als Erik: Der perfekte Gegenpol – charismatisch, edel, mit melancholischem Blick. Ardisson war einer von Bavas Lieblingsdarstellern und verleiht der Figur Tiefe.
- Ellen Kessler & Alice Kessler als Daya und Rama: Die legendären Zwillingsschwestern (bekannt aus Show und Film) sorgen für exotischen Charme und eine doppelte Portion Glamour. Sie bringen Leichtigkeit in die Härte der Handlung.
- Andrea Checchi als König Harald: Der weise, gealterte Krieger, der den Fluch der Gewalt erkennt – ein klassischer Bava’scher Patriarch.
- Franco Ressel als Falsir: Der intrigante Berater – eine herrlich theatralische Figur, wie man sie aus italienischen Kostümepen kennt.
Regie – Mario Bava und die Kunst des Farbenspiels
Mario Bava, sonst berühmt für seine Gothic-Horrorfilme (Die Stunde, wenn Dracula kommt, Blut und Schwarze Spitzen), beweist hier, dass er auch das Abenteuerkino beherrscht.

Seine Regie ist bildgewaltig, rhythmisch und traumhaft komponiert. Bava drehte mit einem Mini-Budget, aber was er daraus machte, ist reines Kino-Gold: farbintensive Sets, geschickte Modelle, kunstvolle Beleuchtung und Kompositionen, die an Gemälde erinnern.
Jede Einstellung wirkt wie eine mythische Illustration. Das Meer, der Nebel, die Rüstungen – alles leuchtet in satten, fast surrealen Farben. Wo andere Historienfilme pompös, aber leblos wirken, atmet Bavas Werk poetische Energie.
Er verband die nordische Härte mit italienischer Opernhaftigkeit – das Ergebnis: ein Wikingerdrama, das zwischen Traum und Legende schwebt.
Kritik – Ein Abenteuer zwischen Oper und Blutrausch
„Die Rache der Wikinger“ ist kein Hollywood-Spektakel, sondern ein europäisches Gegenstück mit Herz, Pathos und erstaunlicher Emotionalität.

Bava nutzt das Brüderdrama, um universelle Themen zu erzählen – Loyalität, Verrat, Identität. Die Kämpfe sind theatralisch, aber intensiv, die Musik heroisch, die Emotionen groß. Und trotz des Alters funktioniert der Film noch heute, weil er visuell einzigartig ist.
Man merkt: Hier war ein Künstler am Werk, nicht nur ein Regisseur. Erik the Conqueror ist durch und durch Bava – düster, stilisiert, sinnlich.
Ein Film, der aussieht, als wäre er aus der Erinnerung eines alten Skalden erzählt worden.
Fun Facts zum Film
- Der Film ist lose inspiriert vom Hollywood-Klassiker „Die Wikinger“ (1958) mit Kirk Douglas.
- Mario Bava arbeitete bei diesem Film ohne großes Studio, mit Mini-Budget und selbstgebauten Kulissen. Viele Szenen wurden mit Spiegeltricks und Miniaturen realisiert.
- Gedreht wurde in den Cinecittà Studios in Rom – das Meer war teilweise nur ein bemalter Hintergrund mit modellierten Wellen.
- Die Kessler-Zwillinge waren zu dieser Zeit in Italien TV-Stars – ihr Mitwirken lockte ein breiteres Publikum ins Kino.
- Cameron Mitchell drehte zuvor mit Bava bereits den Horrorfilm Blood and Black Lace – eine bis heute legendäre Zusammenarbeit.
- Der Film war in Deutschland ein beliebter Sonntagsklassiker in den 70ern und 80ern – oft im ZDF-Nachmittagsprogramm gezeigt.
Fazit – Heldenmut im Farborkan
„Die Rache der Wikinger“ ist ein Kleinod des italienischen Abenteuerkinos – prachtvoll, dramatisch und handgemacht.
Während moderne Historienfilme auf CGI und Realismus setzen, punktet Bavas Werk mit reiner Filmkunst und Fantasie.
Ein farbgesättigter Traum aus Blut, Brüderliebe und nordischem Pathos – genau das, was man sich unter einem Retro-Abenteuer wünscht.
Ein Film für Fans von Herkules, Sindbad und Die Wikinger, aber mit dem unverwechselbaren Bava-Touch: stilisiert, schön und tödlich.
Retro-Bewertung
⚔️ Story & Atmosphäre: ★★★★☆
🎨 Regie & Bildgestaltung (Mario Bava): ★★★★★
🎭 Schauspieler (Mitchell/Ardisson): ★★★★☆
📼 Nostalgie- & Farbglanzfaktor: ★★★★★
👉 Gesamt: 4,5 von 5 Retro-Sternen
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