
Die rote Sonne der Rache (1972) – Wenn der Wilde Westen nach Blei schmeckt
Ein vergessener Italo-Western mit ruppigem Charme
Manchmal spuckt die staubige Filmgeschichte kleine, fast vergessene Perlen aus – und Die rote Sonne der Rache (1972) ist genau so ein Fall. Ein rauer, dreckiger Italo-Western mit Revolvern, Rache und einem Hauch Anarchie. Unter der Regie von Sergio Corbucci-Schüler Sergio Martino, der sonst für seine Giallo- und Horrorstreifen bekannt ist, gibt’s hier eine erfrischend ungeschliffene Mischung aus klassischem Western und Gangsterballade. Klingt spannend? Ist es auch!

Worum geht’s?
In der staubigen Prärie des Wilden Westens kreuzen sich die Wege von Jed (Tomas Milian) und Sunny (Susan George). Jed, ein harter Outlaw, ist frisch aus dem Knast entlassen und hat noch eine Rechnung mit der Welt offen. Sunny hingegen ist eine toughe Blondine mit eigenem Kopf, die sich nicht so leicht unterbuttern lässt. Gemeinsam geraten sie zwischen die Fronten rivalisierender Banden und zwielichtiger Gesetzeshüter – und bald fliegen nicht nur Kugeln, sondern auch die Fetzen.
Tomas Milian – Schlitzohr mit Kultstatus
Hauptdarsteller Tomas Milian ist eine wahre Wucht. Wer ihn aus Django kennt kein Erbarmen oder den legendären Italo-Cop-Thrillern kennt, weiß: Der Mann spielt keine weichgespülten Helden. Hier liefert er eine Mischung aus zynischem Revolvermann und Antiheld mit Überlebensinstinkt – schmuddelig, clever und immer für einen zynischen Spruch gut.
Dazu kommt Susan George als Sunny, die weit mehr ist als eine schmückende Nebenfigur. Bekannt aus Wer Gewalt sät (1971), zeigt sie auch hier, dass sie mehr kann als nur nett dreinzuschauen. Ihre Figur bringt ordentlich Schwung in die Geschichte und sorgt für einige knackige Wortgefechte mit Milian.
Sergio Corbucci Inszenierung: Staubig, dreckig, brutal
Keine epischen Leone-Bilder, keine Morricone-Soundwellen – stattdessen bekommen wir eine rohe, fast nihilistische Atmosphäre serviert. Die Kameraarbeit ist unaufgeregt, die Action ruppig, und der Score von Luis Bacalov liefert eine unheimlich passende Untermalung.
Was diesen Film von anderen Italo-Western unterscheidet, ist sein fast dokumentarischer Stil. Hier gibt’s keine überstilisierte Duell-Ästhetik, sondern eine Welt, in der Kugeln schnell fliegen und das Leben nichts wert ist. Eine Prise Bonnie & Clyde trifft auf den dreckigen Realismus eines Keoma – eine Mischung, die trotz oder gerade wegen ihrer Rauheit funktioniert.

Fazit – Eine vergessene Genreperle für Fans des dreckigen Westens
Ist Die rote Sonne der Rache ein Italo-Western-Meilenstein? Vielleicht nicht. Aber er hat Biss, Charme und ein wunderbares Duo, das sich mit Wort und Waffe durch eine erbarmungslose Welt schlägt. Wer auf die schmutzigeren, weniger stilisierten Western aus der Spätphase des Genres steht, sollte sich diesen Streifen nicht entgehen lassen. Kein Hochglanz-Leone, kein Klamauk-Terence-Hill, sondern ein knüppelharter Streifzug durch den Wilden Westen – genau das Richtige für echte Genre-Liebhaber.