
Insel der verlorenen Seelen (1932) – Wenn die Natur zurückschlägt
Regie: Erle C. Kenton
Darsteller: Charles Laughton, Bela Lugosi, Richard Arlen, Kathleen Burke
Originaltitel: Island of Lost Souls
USA 1932 | 70 Min. | S/W | FSK 16
Willkommen auf Moreaus Alptraum-Insel
Was haben Menschenaffen, ein größenwahnsinniger Wissenschaftler und ein Tropenparadies gemeinsam? Ganz einfach: Sie treffen sich auf einer Insel – und zwar nicht zum Yoga-Retreat, sondern zur Höllenfahrt der frühen Horrorfilmgeschichte! „Insel der verlorenen Seelen“ aus dem Jahr 1932 ist ein düsteres Meisterwerk aus der prä-code-Ära Hollywoods und basiert auf H. G. Wells‘ berühmtem Roman The Island of Dr. Moreau von 1896.
Doch der Film ist mehr als nur eine Literaturverfilmung – er ist ein verstörender Blick in die Abgründe wissenschaftlicher Hybris und eine bizarre Reise in ein Reich zwischen Mensch und Tier.
Charles Laughton – Der Teufel im Tropenanzug
In der Rolle des Dr. Moreau brilliert der britische Charakterdarsteller Charles Laughton mit sadistischem Grinsen und einem Hang zur Peitsche. Seine Figur ist das Herzstück des Films – ein verrückter Visionär, der durch grausige Operationen Tiere in menschenähnliche Wesen verwandelt. Seine „Kreaturen“ leben in ständiger Angst vor dem „Haus des Schmerzes“ – einer Kammer, in der Moreau seine Eingriffe durchführt.
Und wenn er dann mit butterweicher Stimme seine Regeln verkündet („Was ist das Gesetz?“), bekommt man selbst als Zuschauer Gänsehaut.
Die Pantherfrau – Erotik und Grauen
Besonders ikonisch ist die Figur der „Pantherfrau“ Lota, gespielt von Kathleen Burke. Sie ist das Sinnbild für das moralische Dilemma des Films – halb Tier, halb Frau, und doch voller Emotionen und Sehnsüchte. Ihre Beziehung zum gestrandeten Helden Edward Parker (Richard Arlen) wird schnell unheimlich. Wie menschlich ist sie wirklich? Und wann schlägt der Instinkt wieder durch?
Die erotische Spannung zwischen Lota und Parker sorgte damals für mächtig Wirbel – und trug dazu bei, dass der Film in vielen Ländern jahrzehntelang verboten oder zensiert wurde.
Bela Lugosi – Versteckt, aber unvergessen
Fast schon in der zweiten Reihe, aber mit starkem Eindruck: Bela Lugosi als „Sayer of the Law“. Versteckt unter schwerem Make-up spricht er für das Tier-Volk und kämpft verzweifelt um Ordnung – solange Moreau lebt. Lugosi bringt eine tragische Tiefe in seine Rolle, die oft übersehen wird, aber mit seinem berühmten Gesichtsausdruck selbst unter der Maske durchdringt.
Grusel ohne CGI – Effekte mit Hand und Seele
Die Make-up-Arbeiten von Wally Westmore sind für 1932 absolut beeindruckend. Hier wurde nicht auf billigen Schockeffekt, sondern auf Atmosphäre gesetzt. Die Tiermenschen wirken nie lächerlich – eher traurig, verstört, gequält. Die grobkörnige Schwarz-Weiß-Optik und das expressionistische Lichtspiel verstärken die unheilvolle Stimmung. Keine Musik, nur das Heulen der Bestien und das peitschende Knallen aus dem „Haus des Schmerzes“.
Ein Film, der Grenzen sprengte
Zur damaligen Zeit galt „Insel der verlorenen Seelen“ als skandalös. Die Thematik von Genexperimenten, Gotteslästerung und sexueller Anziehung zwischen Mensch und Tier war selbst für die wilden 30er ein harter Tobak. Kein Wunder also, dass der Film in England bis 1958 verboten war und in den USA stark gekürzt wurde. Heute gilt er als Klassiker – und als Vorläufer späterer Genre-Größen wie Cronenbergs Body-Horror oder der „Planet der Affen“-Reihe.
Fazit: Horror mit Hirn – und Biest!
„Insel der verlorenen Seelen“ ist kein typischer Monsterfilm, sondern ein düsteres Gleichnis über Wissenschaft, Ethik und Macht. Charles Laughton liefert eine fesselnde Performance als gottgleicher Wissenschaftler, der das Leben formt – und am Ende selbst von seiner Schöpfung verschlungen wird. Ein intensives, atmosphärisch dichtes Stück Kino, das auch heute noch unter die Haut geht.
Ein Muss für Fans klassischer Horrorkunst – und ein Lehrstück darüber, wie man mit wenigen Mitteln großes Unbehagen erzeugt.
Fun Facts:
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Der Film erschien noch vor dem Hays Code und konnte deshalb Inhalte zeigen, die später tabu waren.
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Kathleen Burke wurde in einem landesweiten Casting zur „Pantherfrau“ gekürt – aus über 60.000 Bewerberinnen!
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H. G. Wells mochte den Film nicht – ihm war die Darstellung von Moreau zu grausam.
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In den 90ern erschien ein gleichnamiges Remake mit Marlon Brando, das allerdings eher unfreiwillig komisch ist.
Retro-Wertung:
🐾🐾🐾🐾½ von 5 Tierpfoten – ein urtümlicher Horrortrip, der heute mehr denn je seine Krallen zeigt.
Story | |
Spannung | |
Action | |
Nostalgie |
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