“Judge Dredd” (1995) – Sci-Fi-Bombast zwischen Kult und Klamauk

“Judge Dredd” (1995) – Sci-Fi-Bombast zwischen Kult und Klamauk
Die 90er waren eine Zeit, in der Actionfilme vor allem eines konnten: laut, übertrieben und visuell beeindruckend sein. „Judge Dredd“ ist ein Paradebeispiel dafür – ein Science-Fiction-Kracher mit gewaltigen Sets, schicken Kostümen und einem Sylvester Stallone, der sich als kompromissloser Gesetzeshüter durch eine dystopische Zukunft ballert. Doch während der Film optisch ein Fest für Fans von Cyberpunk-Welten ist, bleibt er erzählerisch hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Dystopie mit Blechschaden
Die Handlung spielt im 3. Jahrtausend, in der gigantischen Mega-City One. Die Welt außerhalb der Städte ist eine lebensfeindliche Ödnis, und innerhalb der Mauern herrscht Chaos. Um Recht und Ordnung durchzusetzen, wurden die „Judges“ geschaffen – Polizisten, Richter und Henker in einer Person. Der gefürchtetste unter ihnen: Judge Dredd (Sylvester Stallone), der mit stoischer Miene Verbrecher richtet und dabei keinen Funken Emotion zeigt. Sein Lebensmotto? „I am the law!“

Doch Dredd wird selbst zum Opfer der Justiz, als er für einen Mord verurteilt wird, den er nicht begangen hat. Hinter der Intrige steckt sein genetisch identischer „Bruder“ Rico (Armand Assante), der aus dem Gefängnis ausgebrochen ist und Rache am System üben will. Während Dredd in die verfallenen Außenlande verbannt wird, kämpft er sich zurück nach Mega-City One, um seine Unschuld zu beweisen und Rico das Handwerk zu legen.
Optischer Leckerbissen mit schwacher Story
Regisseur Danny Cannon erschafft eine visuell beeindruckende Zukunftsvision: gigantische Wolkenkratzer, düstere Straßenschluchten, fliegende Motorräder und schwer bewaffnete Roboter. Die Welt von „Judge Dredd“ atmet den Geist von „Blade Runner“ und „Total Recall“ – schmutzig, überbevölkert und voller Gewalt. Besonders das Set-Design verdient Lob: Die Mega-City wirkt lebendig, die Rüstungen der Judges edel und detailreich. Hier sieht man, dass das Budget gut investiert wurde.

Leider hinkt die Story hinterher. Die Grundidee ist spannend, aber das Drehbuch bleibt oberflächlich. Gerade Dredds Charakterentwicklung hätte mehr Tiefgang vertragen – im Comic ist er ein gnadenloser Antiheld, hier wird er zum typischen Actionhelden mit vorhersehbarem Charakterbogen. Statt dystopischer Gesellschaftskritik gibt es One-Liner und Explosionen.
Stallone, Assante und ein fehlplatzierter Sidekick
Stallone als Dredd ist zweischneidig. Einerseits hat er die nötige physische Präsenz und das Charisma, um als übermächtiger Gesetzeshüter durchzugehen. Andererseits nehmen ihm viele Fans übel, dass er schon nach wenigen Minuten seinen Helm abnimmt – ein Sakrileg für Kenner des Comics. Im Original bleibt Dredds Gesicht stets verborgen, um seine Unpersönlichkeit als Richter zu betonen. Hier wird er aber schnell zum typischen Stallone-Helden mit stechendem Blick und markigen Sprüchen.

Armand Assante als Bösewicht Rico hat sichtlich Spaß an seiner Rolle und overactet sich durch den Film. Seine Darstellung schwankt zwischen bedrohlich und unfreiwillig komisch, was dem Film eher schadet als nützt. Rico soll das dunkle Spiegelbild von Dredd sein, doch seine Motivation bleibt eindimensional.
Dann gibt es noch Rob Schneider als chaotischen Sidekick Fergie – eine Entscheidung, die Fans bis heute diskutieren. Sein Humor wirkt deplatziert und untergräbt oft die düstere Atmosphäre des Films. Man merkt, dass das Studio eine „lustige Figur“ wollte, aber Schneider passt einfach nicht ins Gesamtbild.
Action, Gewalt und Kultfaktor
Was „Judge Dredd“ aber definitiv liefert, ist handfeste 90er-Action. Es gibt spektakuläre Schießereien, Explosionen und Verfolgungsjagden – alles im Stil der damaligen Hollywood-Blockbuster. Die Waffensysteme der Judges sind cool umgesetzt, vor allem Dredds sprechende Pistole, die verschiedene Munitionstypen nutzen kann.

Die Gewalt ist zwar nicht so exzessiv wie in den Comics, aber dennoch knackig inszeniert. Besonders die Kampfroboter und die abgewrackten Mutanten in der Verwüstung sorgen für ein paar erinnerungswürdige Momente.
Fazit: Viel Style, wenig Substanz
„Judge Dredd“ ist ein optisch beeindruckender, aber inhaltlich oberflächlicher Sci-Fi-Actioner. Fans der Comics waren damals enttäuscht, weil der Film die satirische Gesellschaftskritik der Vorlage ignorierte und stattdessen auf Stallone, Sprüche und Bombast setzte. Für sich genommen ist der Film aber eine solide 90er-Jahre-Actiongranate, die sich gut als unterhaltsamer Popcorn-Film eignet. Wer einfach nur fette Action in einer düsteren Zukunft sehen will, bekommt hier das volle Programm.
„I AM THE LAW!“ – Für Fans von Sci-Fi-Krachern und 90er-Action einM uss. Für Comic-Puristen ein Ärgernis.