Kritik: Die Wildgänse kommen (1978)

Kritik: Die Wildgänse kommen (1978)

Kritik: Die Wildgänse kommen (1978)

Der millionenschwere Finanzier Sir Edward Matherson (Stewart Granger) heuert eine Söldnertruppe unter der Leitung des in die Jahre kommenden Colonel Faulkner (Richard Burton) an, um einen afrikanischen Oppositionsführer aus dem Gefängnis zu befreien, da der momentane Diktator Finanztransaktionen blockiert. Faulkner heuert alte Kollegen an, wie den Planer Rafer Janders (Richard Harris), seinen Freund Finn (Roger Moore) und den Südafrikaner Peter (Hardy Krüger) und stellt ein Team zusammen. Gemeinsam führen sie das Unternehmen erfolgreich aus, doch dann hat sich Matherson mit dem Diktator geeinigt und bläst die Rückholaktion ab.
Jetzt sitzen Faulkner und seine Männer in Feindesland fest und müssen sich zur nächsten Grenze durchschlagen.


Die 70er Jahre förderten einige interessante Sub-Genres zu Tage: im Bereich des Horrorfilms etablierte sich unter anderem der Slasher, der mit “Halloween – Die Nacht des Grauens” den Inbegriff des Modernen Horrorfilms darstellen sollte. Aggressive Spezies jeglicher Art machten die filmischen Expeditionen ins Tierreich zu einem mörderischen Unterfangen und der Tier-Horror ward mit “Der weiße Hai” und Mutter Natur zeigte in unzähligen Katastrophenfilmen, wie unbeherrscht und grausam sie sein kann. Und lange bevor Sylvester Stallone oder Chuck Norris als “Rambo” oder “Braddock” in Krisengebieten aufräumten, war es eine 50 Mann starke Söldner-Gruppe, die in Afrika als “Die Wildgänse” einflogen, um ein entmachtetes Staatsoberhaupt aus der Gefangenschaft eines Diktators zu befreien – und der Söldner-Film das Licht der Kinoleinwand erblickte.

Mit den zur damaligen Zeit hochkarätigsten und beliebtesten Top-Stars wie Richard Burton, “007” Roger Moore, Richard “Professor Dumbledore” Harris, Hardy “Weltenbummler” Krüger und Stewart “Old Surehand” Granger besetzt, entstand unter der versierten Regie des vielseitigen Regisseurs Andrew V. McLaglen (“Die Seewölfe kommen”, “Sprengkommando Atlantik”) ein aufwändiger, Actionreicher und bis heute unerreichter Vertreter des Genre, dem noch eine zweite offizielle Fortsetzung folgen sollte.
Weder “Die Wildgänse 2” mit fast identischem Stab, noch die unzähligen italienischen Plagiate – teilweise ebenfalls unter dem erfolgsversprechenden “Wildgänse”-Siegel entstanden – konnten auch nur annähernd die darstellerische und inszenatorische Klasse des Originals erreichen.

“Die Wildgänse kommen” ist die Mutter aller Söldner-Filme, und nach über 30 Jahren in Ehren ergraut, immer noch fidel genug, um auch in der x-ten Wiederholung zu unterhalten.
Richard Burton als Actionheld, noch dazu als knallharter Söldner, wirkt auf den ersten Blick nicht gerade wie die Idealbesetzung – aber seine unvergleichliche Klasse verleiht der von ihm dargestellten Rolle das nötige Charisma, um letzten Endes zu überzeugen. 
Roger Moore und Richard Harris dagegen sind dem Zuschauer aus diversen Bond- bzw. Katastrophen- und Actionfilmen wie “Leben und sterben lassen”, “Treffpunkt: Todesbrücke” oder “Rendezvous mit dem Tod” bestens bekannt. und auch Hardy Krüger ist nach seinem Auftritt in “Die Brücke von Arnheim” im Genre kein Unbekannter mehr.
Der Rest des Cast besteht aus mehr oder weniger bekannten Gesichtern – neben dem bereits erwähnten Stewart Granger wird die Riege der Nebendarsteller von Jack Watson als Ausbilder RSM Sandy, Frank Finlay als Missionar und Barry Foster (unvergessen als Krawatten-mörder aus Hitchcocks “Frenzy”) angeführt.

Die Söldnergruppe wird von einer stattlichen Alt-Herrenriege angeführt, und auch wenn das vielmehr dem damaligen Bekanntheitsgrad ihrer Darsteller geschuldet war, so verleiht, bei aller Unglaubwürdigkeit, gerade diese Besetzung dem Film und der Handlung einen gewissen Reiz, dem sich Jahrzehnte später auch nicht Clint Eastwood entziehen konnte, als er für seinen Film “Space Cowboys” mit sich selbst und, dem mittlerweile verstorbenen, James Garner, Donald Sutherland und Tommy Lee Jones die ältesten Astronauten der Filmgeschichte ins All schoss.
Und so mischen sich vor dem ernsten Hintergrund der Handlung (Apardheitspolitik in Südafrika, Völkermorde) hier und da ironische Spitzen, die das dramatische Geschehen vor allem in der ersten Hälfte etwas auflockern. Während die Rekrutierung und die Ausbildung der Söldner noch mit einem Augenzwinkern inszeniert wurde, wandelt sich in der zweiten Filmhälfte das sorgfältig und minutiös geplante Unternehmen zu einem dramatischen Himmelfahrtskommando. 
Die unzähligen Actioneinlagen mit gewaltigen Explosionen und unzähligen Feuergefechten sind handwerklich grundsolide inszeniert, streckenweise mit einigen blutigen Einstellungen, aber niemals selbst-zweckhaft. 
Der Score von Roy Budd ist teilweise militärisch zackig, stellenweise etwas übertrieben (beim Fallschirmabsprung nimmt die Marschmusik teilweise groteske Züge an) – ansonsten sind die Spannungs- und Actionmomente perfekt untermalt.
Abgesehen vom historischen Hintergrund wie die Bezugnahme auf die Kongo-Krise oder das Apardheitsregime, ist “Die Wildgänse kommen”, trotz ironischer Anspielungen, Übertreibungen und Unglaubwürdigkeiten, was den Handlungsverlauf betrifft, sehr um Realismus bemüht.
Reginald Roses Drehbuch basiert auf dem gleichnamigen Roman von Daniel Carney und stellt nicht nur die eigentliche Mission in den Vordergrund der Handlung, sondern thematisiert Hintergründe, die Beteiligung ungenannter Regierungsbehörden, sowie Rekrutierung und Ausbildung der Söldner, und verleiht dabei noch den wichtigsten Charakteren Tiefgang.

Bei einer Laufzeit von fast 130 Minuten ist der Flug der Wildgänse dabei so aufregend, spannend und unterhaltend, dass der Film zu keiner Zeit flügellahm wird und mit zum besten zählt, was das Genre zu bieten hat.


 

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