REVOLVER-KELLY (1958) – Charles Bronson feuert sich in die erste Liga
„Wenn das Maschinengewehr spricht, wird’s persönlich.“
Bevor Charles Bronson zum weltweiten Inbegriff des stoischen Rächer-Actionhelden wurde, bevor Ein Mann sieht rot seinen Ruf zementierte und bevor seine Augen mehr sagten als ganze Drehbücher – da war da dieser kleine, harte Schwarzweiß-Film namens Revolver-Kelly. Produziert von Roger Corman, gedreht in rasantem Tempo und mit einem Budget, das kaum für einen Kasten Patronen reichte – aber mit Tonnen an Atmosphäre und Haltung.
Worum geht’s?
Der Film erzählt die (freizügig interpretierte) Geschichte von George „Machine Gun“ Kelly, einem Gangster der 1930er-Jahre, der mit seiner geliebten Thompson-Maschinenpistole Banken ausräumt, Polizisten das Fürchten lehrt und eine Frau an seiner Seite hat, die mehr Strippen zieht als er selbst.
Charles Bronson spielt Kelly als Getriebenen – nicht nur vom Gesetz, sondern vor allem von seiner eigenen Angst, seiner Unsicherheit und seiner toxischen Beziehung zur toughen Flo Becker (Susan Cabot). Als ein Coup schiefläuft, wagt sich Kelly mit seiner Gang an ein riskantes neues Geschäftsfeld: Entführung. Doch statt Reichtum gibt’s bald Zweifel, Paranoia und das Gefühl, dass der große Knall nicht mehr weit ist.
Charles Bronson – Vor dem Mythos
Vergesst den abgebrühten Großstadt-Rächer der 70er – dieser junge Charles Bronson ist noch kein Mythos, sondern ein Schauspieler im Werden. Und was für einer: Sein Kelly ist nervös, getrieben, ein Mann, der Stärke spielt, aber Angst riecht. Man sieht Bronson förmlich beim Schauspielen zu – in jeder Pose, jedem Blick, jeder Szene mit Cabot. Seine Stimme ist noch nicht ganz so knurrig, aber sein Charisma ist schon da – roh, aber spürbar.
Revolver-Kelly war seine erste Hauptrolle – und man erkennt schon hier, was kommen wird: dieser stille Druck, die physische Präsenz, der Fokus auf Bewegung statt Worte. Bronson spielt klein, wirkt aber groß. Ein echter Rohdiamant.
Regie: Roger Corman – Schnell, günstig, effektiv
Regisseur Roger Corman, der König des Low-Budget-Kinos, inszeniert in knackigen 80 Minuten einen düsteren, schnörkellosen Gangsterfilm, der irgendwo zwischen Film Noir und True Crime pendelt. Gedreht in 10 Tagen (!), mit einem Minimal-Set und viel Rauch, Schatten und Nervenkitzel. Corman weiß, wie man Spannung aufbaut, ohne viel Schnickschnack. Jeder Shot sitzt, jede Szene bringt die Geschichte voran.
Floyd Crosbys Kameraarbeit (übrigens: der Vater von Musiker David Crosby) fängt die Enge, die Hektik, die Paranoia Kellys wunderbar ein. Schwarzweiß war hier keine Budgetentscheidung – es ist Stil.
Susan Cabot – Femme Fatale mit Eigensinn
Als Flo Becker ist Susan Cabot nicht nur hübsches Beiwerk – sie ist die treibende Kraft, fast schon der Strippenzieher hinter Kellys krimineller Karriere. Cabot spielt eiskalt und entschlossen – eine Frau, die weiß, was sie will. Dass sie letztlich mit ihrem Einfluss Kelly zu Fall bringt, ist fast schon klassische Tragödie im Film-Noir-Stil.
Kultstatus und Nachhall
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Der Film war nie ein Kassenschlager – aber er markierte den Startpunkt einer der ikonischsten Karrieren Hollywoods.
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Für Bronson war Revolver-Kelly der Türöffner: Nach dem Film folgten unzählige Nebenrollen – bis er in den 60ern und 70ern zur Legende wurde.
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Corman selbst bezeichnete den Film rückblickend als einen seiner „erwachsensten“ – und es stimmt: Das hier ist kein Trash, das ist ernstes Kino mit Biss.
Fazit: Knackiger Noir mit frühem Bronson-Biss
Revolver-Kelly ist kein Hochglanz-Biopic, sondern ein intensives Kammerspiel über Angst, Macht, Schuld und Größenwahn. Ein klassischer 50s-Gangsterfilm, der zeigt, dass man auch mit kleinem Budget große Geschichten erzählen kann – wenn man starke Darsteller und einen klaren Stil hat.
Charles Bronson überzeugt in seiner ersten Hauptrolle auf ganzer Linie und zeigt schon hier, warum er später als Ikone des kantigen Kinos gefeiert wurde. Für Fans von Film Noir, Gangsterballaden und Bronson sowieso ein Pflichtfilm – und für Retro-Liebhaber ein echter Schatz.
Retro-Bewertung: 8 von 10 Maschinenpistolen – mit extra viel Mündungsfeuer und einer Prise Tragik.