VAMPIRE GEGEN HERAKLES (1961) – Sandalen, Schatten und schaurige Schönheit

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VAMPIRE GEGEN HERAKLES (1961) – Sandalen, Schatten und schaurige Schönheit

„Wenn Herkules in die Unterwelt steigt, ist Schluss mit lustig – und Licht.“

In einer Zeit, in der muskelbepackte Helden regelmäßig gegen Götter, Monster und Halbwesen kämpften, wagte Mario Bava mit Vampire gegen Herakles etwas Neues: Er schickte den antiken Halbgott nicht nur in die Unterwelt, sondern gleich direkt in ein Horror-Setting, das aussieht wie eine Mischung aus Theaterbühne, Traumwelt und gotischem Albtraum.

Das Ergebnis? Ein einzigartiger Film, der sowohl Fans klassischer Abenteuerfilme als auch Gothic-Horror-Liebhaber begeistert – und bis heute als einer der visuell stärksten Vertreter des italienischen Genrefilms gilt.


Worum geht’s?

Der Halbgott Herkules (Reg Park) kehrt nach Ithaka zurück – doch seine Geliebte Deianira (Leonora Ruffo) ist geistig wie verzaubert, gefangen in einem apathischen Zustand. Das Orakel Medea (ganz der griechische Klassiker) offenbart: Nur ein mystischer Kristall aus dem Zentrum der Unterwelt, der sogenannte Stein des Vergessens, kann sie retten.

Also macht sich Herkules mit seinen treuen Gefährten Theseus und Telemach auf den Weg… in die Hölle. Doch die Reise ist nicht nur beschwerlich, sondern wird zusätzlich durch finstere Mächte erschwert – allen voran durch den diabolischen König Lico (Christopher Lee!), der dunkle Pläne hegt und selbst einen Pakt mit dem Übernatürlichen geschlossen hat.


Ein Regisseur mit Stil: Mario Bava

Bava war eigentlich Kameramann – und das merkt man sofort. Mit extrem schmalem Budget erschuf er hier einen visuellen Rausch: farbige Lichtfilter, Nebelwände, expressionistische Sets, halb Theater, halb Traum. Seine Inszenierung verleiht dem Film eine fast surreale Atmosphäre, die ihn aus der Masse der Sandalenfilme seiner Zeit deutlich heraushebt.

Vampire gegen Herakles ist visuell ein Fest – besonders die Szenen in der Unterwelt sind gespickt mit überzeichneten Kulissen, die selbst Dario Argento neidisch machen würden. Es ist dieser ganz eigene Bava-Touch, der hier bereits deutlich spürbar ist – elegant, fantasievoll, morbide.


Die Darsteller – Muskeln, Mimik und finstere Magie

  • Reg Park als Herkules ist rein physisch eine Naturgewalt. Der ehemalige Mr. Universe wirkt wie aus Stein gemeißelt – schauspielerisch jedoch etwas steif. Aber mal ehrlich: Herkules muss nicht Shakespeare zitieren – er muss Säulen stemmen und Zombies vermöbeln. Und das macht Park mit Bravour.

  • Leonora Ruffo als Deianira ist zart, ätherisch, ein typisches Gothic-Girl – allerdings mit etwas wenig zu tun, außer schön und traurig auszusehen.

  • Christopher Lee ist der wahre Star des Films. Als dunkler König Lico schleicht er wie ein untoter Aristokrat durch die Szenen, mit kaltem Blick und majestätischer Präsenz. Auch wenn er in der italienischen Fassung synchronisiert wurde, ist seine Ausstrahlung ungebrochen. Lee bringt dem Film das „Vampirische“, das im Titel steckt – ohne dabei je zu blutig oder plakativ zu werden.


Peplum meets Gothic Horror – und es funktioniert!

Was Vampire gegen Herakles so besonders macht, ist die geniale Fusion zweier völlig unterschiedlicher Genres. Auf der einen Seite haben wir den klassischen Sandalenfilm mit Muskelhelden, mythischer Quest und göttlicher Mission. Auf der anderen Seite einen stimmungsvollen Gruselfilm mit Nebelschwaden, geheimnisvollen Ritualen und einem fast schon träumerischen Umgang mit Licht und Raum.

Die Unterwelt wirkt wie eine albtraumhafte Parabel – nicht realistisch, aber psychologisch stimmig. Man könnte fast sagen: Herkules trifft auf Edgar Allan Poe.


Fun Facts und Trivia

  • Der Originaltitel „Ercole al centro della Terra“ bedeutet wörtlich: Herkules im Zentrum der Erde. Der internationale Verleihtitel „Hercules in the Haunted World“ wurde speziell für das anglo-amerikanische Publikum angepasst – in Deutschland wurde es kurzerhand „Vampire gegen Herakles“. Warum? Wahrscheinlich klang’s einfach cooler.

  • Mario Bava drehte teilweise an Originalschauplätzen in römischen Höhlen, kombinierte diese aber mit Studiobauten, um den surrealen Look zu verstärken.

  • Reg Park war Arnolds großes Idol – Schwarzenegger nannte ihn später „seinen Held seiner Jugend“ und orientierte sich beim Training stark an ihm.

  • Der Film wurde in nur sechs Wochen produziert, bei einem Mini-Budget – was angesichts der Atmosphäre umso beeindruckender ist.


Fazit: Antike trifft Albtraum

Vampire gegen Herakles ist kein historisch akkurates Epos – und will das auch gar nicht sein. Stattdessen ist er ein stilvoller Fantasy-Horrorfilm mit mythologischem Anstrich, ein experimentierfreudiger Hybrid, der sich mutig zwischen die Genre-Stühle setzt – und darauf ein düsteres Kunstwerk zimmert.

Wer atmosphärisches Retro-Kino liebt, sich nicht an farbintensiven Kulissen stört und Christopher Lee gerne als dämonischen Strippenzieher sieht, wird hier seine Freude haben. Und: Für Freunde des Peplum-Horrors (eine rare Spezies!) ist dieser Film ein absolutes Must-See.

Retro-Bewertung: 8 von 10 dämonischen Lichtspielen – Herkules gegen das Grauen? Wir sind dabei!

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