
Yul Brynner und “New York antwortet nicht mehr” – Ein vergessener Endzeit-Klassiker
Wenn man an Yul Brynner denkt, fallen einem sofort drei Rollen ein: Der eiskalte Roboter in Westworld (1973), der majestätische Pharao in Die zehn Gebote (1956) und natürlich Chris, der wortkarge Revolverheld in Die glorreichen Sieben (1960). Doch kaum jemand erinnert sich an seine Performance in The Ultimate Warrior (1975), der in Deutschland den deutlich atmosphärischen Titel New York antwortet nicht mehr trägt. Völlig zu Unrecht! Denn dieser dystopische Kracher hat nicht nur einiges an Genre-Geschichte geschrieben, sondern kann auch heute noch locker mit moderneren Endzeitfilmen mithalten.
Endzeit in den Straßen von New York – oder doch nicht?
Die Handlung des Films versetzt uns ins Jahr 2012, eine damals noch ferne Zukunft, in der die Menschheit fast komplett den Bach runtergegangen ist. Zwei nicht näher definierte Katastrophen – eine wirtschaftliche und eine biologische – haben dafür gesorgt, dass kaum noch Menschen übrig sind. Und mit ihnen ist auch fast jede Form von Vegetation verschwunden. New York ist ein verwahrlostes Trümmerfeld, bevölkert von kleinen Gruppen Überlebender, die um die letzten Ressourcen kämpfen.

Regisseur Robert Clouse (Enter the Dragon, 1973) hatte allerdings nur ein Budget von rund 800.000 Dollar zur Verfügung, weshalb das „endzeitliche New York“ in Wirklichkeit in den Burbank Studios in Kalifornien nachgebaut wurde. Außer einer kurzen Skyline-Einstellung mit den unversehrten Twin Towers gibt es also kaum echtes New-York-Feeling. Aber hey, mit ein bisschen Fantasie funktioniert das trotzdem!
Eine letzte Bastion der Zivilisation – und ein wortkarger Krieger
In dieser postapokalyptischen Welt versucht eine Gruppe unter der Führung des alten Barons (gespielt von der skandinavischen Schauspiel-Ikone Max von Sydow), einen Neuanfang zu wagen. Statt auf plündernde Gewalt setzt man auf Selbstversorgung – inklusive improvisierter Gewächshäuser auf Dächern und Pflanzenzucht in alten Badewannen. Das große Ass im Ärmel der Gruppe: Cal (Richard Kelton), ein botanisches Genie, hat es geschafft, widerstandsfähige Samen zu entwickeln, die den Neuanfang der Menschheit ermöglichen könnten.
Doch es gibt ein Problem: Baron hat nicht genug Leute, um seine Gemeinschaft zu verteidigen. Und genau hier kommt Yul Brynner ins Spiel. Sein Charakter Carson ist ein wortkarger Söldner mit der vielleicht letzten gut sitzenden Jeans im gesamten Ödland. Eines Tages taucht er in der Ruinenstadt auf, ohne Hemd, aber mit einem klaren Ziel: Er bietet seine Dienste demjenigen an, der das Beste zu bieten hat. Baron verpflichtet ihn nicht nur für den Schutz seiner Gruppe, sondern setzt ihn auch für eine besonders heikle Mission ein: Carson soll die wertvollen Samen und Barons Tochter Melinda (Joanna Miles) in ein sicheres Gebiet bringen – durch das gefährliche U-Bahn-System der Stadt.
Inszenierung & Technik – Solide, aber nicht visionär
Robert Clouse war nie ein Regie-Visionär, sondern ein solider Handwerker. Er erzählt die Geschichte effizient, aber ohne große inszenatorische Highlights. Die Actionszenen sind ordentlich choreografiert, allerdings fehlen ihnen oft Dynamik und visuelle Raffinesse. Clouse setzt meist auf statische Kameraeinstellungen und verlässt sich auf die physischen Fähigkeiten seiner Darsteller.

Spannend: Ursprünglich war The Ultimate Warrior als weiteres Vehikel für Bruce Lee gedacht! Lee war für die Hauptrolle vorgesehen, starb jedoch unerwartet 1973. Nachdem kurzfristig sogar Gordon Liu im Gespräch war, fiel die Wahl schließlich auf Yul Brynner. Und Brynner macht seine Sache überraschend gut! Er verleiht Carson eine fast stoische Ruhe und kämpft mit brutaler Effizienz. Die Action ist körperbetont und komplett ohne Schusswaffen inszeniert – Schießeisen gibt es in dieser Welt schlichtweg nicht mehr. So wird viel mit Messern, Fäusten und improvisierten Waffen gekämpft. Leider bleiben die Gegner recht gesichtslos und austauschbar, da sie weder individuelle Kampfstile noch markante Outfits haben.
Eine bodenständige Endzeit-Vison ohne Mad-Max-Exzesse
Ein interessantes Detail: New York antwortet nicht mehr verzichtet auf viele Klischees, die spätere Endzeitfilme geprägt haben. Keine abgedrehten Leder-Outfits, keine freakigen Warlords mit Irokesen-Schnitt, keine nitrogetriebenen Killer-Vehikel. Stattdessen bleibt der Film fast realistisch – mit Menschen, die einfach ums Überleben kämpfen. Das hat seinen Reiz, sorgt aber auch dafür, dass der Film stellenweise etwas langsam wirkt.
Dafür kann sich das Set-Design wirklich sehen lassen. Besonders die finale Sequenz im alten U-Bahn-System ist atmosphärisch dicht und sorgt für eine beklemmende Endzeit-Stimmung. Mumifizierte Leichen, rostige Drehkreuze und verlassene Waggons – all das lässt erahnen, wie das Ende der Zivilisation ausgesehen haben könnte. Hier zeigt sich, dass Clouse und sein Team trotz schmalem Budget eine beeindruckende Welt geschaffen haben.
Fazit: Ein unterschätzter Endzeit-Klassiker mit Yul Brynner als eiskaltem Krieger
New York antwortet nicht mehr ist kein perfekter Film, aber ein sehenswerter Vertreter des Endzeit-Genres. Er mag nicht die Action-Wucht eines Mad Max 2 (1981) haben und auch nicht die ikonischen Bilder eines The Omega Man (1971), aber er punktet mit einer fast bodenständigen, realistischen Vision einer postapokalyptischen Welt. Yul Brynner überzeugt als wortkarger Krieger, Max von Sydow bringt schauspielerisches Gewicht ins Spiel und die atmosphärischen Kulissen tun ihr Übriges.
Ein vergessener Klassiker, den man als Fan von Endzeit-Filmen definitiv auf dem Schirm haben sollte!